Zehn Jahre ist es her, dass Square Enix mit The World Ends With You das vielleicht beste RPG der DS-Bibliothek veröffentlichte. Trotz begeisterter Kritiker und einer treuen Fangemeinde blieb der kommerzielle Erfolg jedoch eher überschaubar. Passend zum Jubiläum erhält der Titel nun als The World Ends With You: Final Remix auf der Switch eine neue Chance zu glänzen – laut den Entwicklern ist es gar die letzte Möglichkeit, um den Weg für ein Sequel zu ebnen. Doch ist die Switch-Umsetzung ihr Geld überhaupt wert?

Todesspiel in Shibuya

The World Ends With You: Final Remix entführt uns in das japanische Trendviertel Shibuya: den Stadtteil Tokyos, in dem neue Trends geschaffen werden, ausfallende Mode alltäglich ist und der mich derzeit einfach nicht loslässt. Was sich dem menschlichen Auge auf den ersten Blick jedoch nicht offenbart, ist das teuflische Spiel, welches im Hintergrund dieser scheinbar friedlichen Idylle gespielt wird. Im Reaper’s Game müssen Jugendliche sieben Tage lang um ihr Überleben kämpfen, um am Ende der Woche hoffentlich wieder in ihren Alltag entlassen zu werden. Einer der Teilnehmer ist Neku: ein Teenager, der die Welt noch nicht versteht. Menschen nerven ihn, er will lieber alleine sein. Als er sich unfreiwillig in der Shibuya-Zwischenwelt wiederfindet, muss er sich jedoch mit Shiki zusammenfinden: Denn im Reaper's Game und im Kampf gegen die Noise-Monsterwesen können nur Teams erfolgreich sein. Alles ist jedoch nicht so, wie es scheint.

Was heute wie damals unmittelbar ins Auge springt, ist der unverkennbare Art-Style aus der Feder von Tetsuya Nomura. Gemeinsam mit dem poppigen Soundtrack voller J-Music-Ohrwürmer, weiß The World Ends With You somit gekonnt, die Eigenartigen des Trend-Distrikts Shibuya einzufangen. In Final Remix erstrahlen die 2D-Grafiken zudem in glattem HD, während die Musik hochwertige Remixes spendiert bekam.

Solo Remix Reloaded

Ein Element, das The World Ends With You zu etwas Besonderem machte, war sein Kampfsystem. Denn während Neku, komplett mit dem Touchscreen gesteuert, auf den unteren Bildschirm allerhand Noise ans Leder ging, gehorchte auf dem oberen sein Partner auf die Buttons des DS. So musstet ihr stets versuchen, beide Screens im Auge zu behalten und echtes Multitasking-Talent beweisen.

Zugegeben: Sich auf beide Bildschirme zu konzentrieren, war oft überfordernd und die nützliche Auto-Battle-Funktion, die nach wenigen Sekunden Inaktivität die Kontrolle über den Partner übernahm, bitter nötig. Dennoch verlieh dieses Kampfsystem The World Ends With You ein befriedigendes Gefühl von Hektik. Wir meisterten das Chaos – oder versuchten es zumindest.

Wie in der vorangegangenen Smartphone-Version, welche passenderweise auf den Titel Solo Remix hört, fiel in Final Remix dieses Dual-Kampfsystem jedoch der Schere zum Opfer. Die Partner-Action wurde ersatzlos gestrichen, stattdessen sehen wir die Kämpfe nun nur noch aus der Perspektive Nekus. The World Ends With You: Final Remix wirkt dadurch langsamer, weniger energiegeladen - und leider auch etwas langweiliger.

Unser Partner greift nun bei Special Moves mit ins Geschehen ein, bleibt in den Kämpfen aber ansonsten weitestgehend blass. Da der Kern der Narrative ist, dass das Reaper's Game nur in Zweierteams schaffbar ist, leidet auch die Story darunter: Neku macht nun scheinbar doch eh fast alles alleine.

Eine Möglichkeit, den zweiten Charakter zu kontrollieren, gibt es aber immer noch: Im Koop-Modus kann ein zweiter Spieler die Kontrolle übernehmen. Leider wurde dabei jedoch nicht das Gameplay der DS-Version übernommen. Stattdessen steuern sich die Partner wie bloße Neku-Kopien, lediglich mit weniger Attackenvielfalt. Denn während Neku eine Unmenge an Pins sammeln und aufleveln kann, die jeweils unterschiedliche Angriffe repräsentieren, bietet sich für den zweiten Spieler diese Flexibilität nicht.

Das ist besonders auch daher schade, da frühere Screenshots zeigen, wie neben dem Neku-Gameplay auf dem selben Screen auch das traditionelle Partner-Gameplay stattfand. Damals hatte jeder Freund nämlich einen einzigartigen Kampfstil. Dieses Feature wurde jedoch während der Entwicklung offenbar verworfen.

Ein K(r)ampf

Im TV- und Tabletop-Modus können wir Neku mit dem Stick durch die Häuserlandschaft Shibuyas bewegen und die Menüs mit Buttons bedienen. In Kämpfen kommt ein Pointer zum Einsatz, der die Touch-Steuerung simulieren soll: Leider funktioniert das eher schlecht als recht. Egal wie man den Pointer auch kalibriert, die Steuerung fühlt sich nie ganz so genau an, wie es wünschenswert wäre.

Sattelt ihr auf den Handheld-Modus um, wechselt The World Ends With You zu 100 Prozent in einen Touch-Modus. Das macht während der Kämpfe Sinn, die ohne signifikante Änderungen nicht anders funktionieren würden. Aber warum können wir uns außerhalb der Gefechte nicht wie im TV-Modus mit dem Stick bewegen? Warum sind auch die Menüs nur mit den Fingern zu bedienen? Die Switch ist leider etwas zu klobig, um ausschließlich via Touch bedient zu werden und mit Fingertippen Neku zu bewegen, ist immer einen Hauch zu ungenau. Warum man hier keine Optionen bietet, wissen wohl nur die Entwickler.

Altbekanntes Shibuya

Am Ende der Smartphone-Version wurde uns ein Teaser für ein Sequel oder eine Erweiterung präsentiert, der zudem eine neue Heldin und sieben Tage neues Gameplay versprach. Leider folgte auf diesen Teaser nie etwas. Als Square Enix Anfang des Jahres ankündigte, dass The World Ends With You: Final Remix neue Inhalte bieten würde, war daher die Hoffnung groß: Bekommen wir endlich die neue Story, mit der uns schon vor fünf Jahren der Mund wässrig gemacht wurde?

Die Antwort lautet abermals nein. Wenn wir nach dem Durchspielen bestimmte Bedingungen erfüllen, schalten wir aber immerhin einen neuen Epilog frei. Dieser dauert gut zwei Stunden, bringt einen neuen Charakter ins Spiel und wirft mehr neue Fragen auf, als er beantwortet. Das macht Lust auf mehr und dient als netter Bonus, wenn auch nicht viel mehr.

Das ist vor allem aus einem Grund bitter: Denn The World Ends With You: Final Remix ist ziemlich teuer. Mit einem Preis von knapp 40 Euro kostet es in etwa genauso viel wie das DS-Original anno dazumal. Die fast inhaltsgleiche Smartphone-Version ist gar für nur 20 Euro gestartet. Dafür, dass Switch-Besitzer im Vergleich den doppelten Betrag abdrücken sollen, fallen die gebotenen Zusatzinhalte jedoch mager aus. Da auch die Anpassung an die Switch-Hardware eher dürftig gelungen ist, stellt sich unweigerlich die Frage: Wie wird dieser Preis gerechtfertigt? In meinen Augen lautet die Antwort leider: Nicht ausreichend.

Fazit - The World Ends With You: Final Remix

The World Ends With You: Final Remix mag die finale Version von The World Ends With You sein, die definitive Fassung ist es jedoch leider nicht. Die Steuerung kann auf der Switch weder im TV- noch im Handheld-Modus komplett überzeugen, zugleich raubt das fehlende Dual-Gameplay dem Spiel einen Hauch seiner Einzigartigkeit. Die neuen Zusatzinhalte fallen wenig gehaltvoll aus, was insbesondere in Anbetracht dessen, dass Final Remix doppelt so viel wie der vorhergegangene Smartphone-Release kostet, einen bitteren Nachgeschmack mit sich bringt. The World Ends With You: Final Remix uneingeschränkt zu empfehlen, fällt daher bedauerlich schwer. Das ist eine wahre Schande: Denn auch, wenn das Spiel ohne das Partner-Gameplay an Reiz verliert, bleibt die Kernspielmechanik trotzdem wahnsinnig gut, die Story spannend und Präsentation sowie Klangkulisse einzigartig.

Bildquellen: Square Enix, Nintendo