Vier Jahre ist es mittlerweile her, dass Publisher Focus Home Interactive Call of Cthulhu ankündigte. Die Umsetzung des gleichnamigen Rollenspielsystems von 1981, welche nicht nur namentlich von der Geschichte „The Call of Cthulhu“ des Horrorgroßmeisters H. P. Lovecraft inspiriert sein soll. Nun, pünktlich zu Halloween, steht das Spiel in den Regalen und wir haben getestet, ob der große Alte sich lieber noch einmal im Bettchen umgedreht hätte.

Abstieg in die Tiefen des Wahnsinns

Wir schreiben das Jahr 1924. In der Rolle des Privatdetektivs und Veteranen des ersten Weltkriegs, Edward Pierce, werdet ihr beauftragt, das Rätsel um den Tod einer jungen Malerin aufzuklären. Um euch von eurer Sucht nach Alkohol und Schlafmitteln abzulenken, nehmt ihr den Auftrag an und begebt euch nach Darkwater Island, eine kleine fiktive Insel vor der Küste von Boston. Dort angekommen stellt ihr schnell fest, dass auf dem kleinen Eiland einiges im Argen liegt.

Je näher ihr der Wahrheit kommt, desto mehr häufen sich die mysteriösen Ereignisse, die euch an eurer geistigen Verfassung zweifeln lassen. Stimmen aus dem Nichts, maskierte Kuttenträger und alptraumhafte Kreaturen haben es auf euch abgesehen. Oder bildet ihr euch das Ganze vielleicht auch nur ein? Entscheidungen, wie beispielsweise, ob ihr im (Lovecraft-Fans bestens bekannten), Necronomicon lesen wollt oder nicht, haben einen Einfluss auf eure geistige Stabilität.

Charakterentwicklung und Ermittlungsarbeit

Dass Call of Cthulhu auf einem Rollenspielsystem basiert merkt man vor allem daran, dass ihr immer wieder sogenannte Charakterpunkte erhaltet. Diese könnt ihr in Kategorien wie „Eloquenz“, „Stärke“, „Nachforschung“ oder „verstecktes Finden“ verteilen um euch in einigen Situationen beispielsweise neue Dialogoptionen zu eröffnen. Abseits davon gibt es noch die Punkte „Okkultes“ und „Medizin“, die ihr nur dadurch steigern könnt, wenn ihr aufmerksam durch die Welt geht und Bücher und Gegenstände untersucht.

Genau damit, dem Untersuchen von Dingen, befasst sich ein großer Teil des Spiels. Wie es sich für einen Privatdetektiv gehört, nehmt ihr Räume genau unter die Lupe und habt sogar die Möglichkeit, Situationen zu rekapitulieren. Hierzu wechselt das Spiel in einen, dem Detektivmodus der „Batman Arkham“-Reihe gar nicht so unähnlichen, Modus, in dem ihr Objekte markieren könnt und seht, was mit diesen geschehen ist. So könnt ihr beispielsweise Tathergänge oder anderes nachstellen.

Wie genau es funktioniert, dass Privatdetektiv Pierce Situationen quasi vor seinem geistigen Auge rekonstruieren kann, wird leider nicht erklärt. Dennoch bietet das Feature etwas Abwechslung zum sonstigen herum Gelaufe in der Egoperspektive.

Horror ist eher selten schön

So geht es leider nicht nur dem Horror, sondern auch Call of Cthulhu. Meine Reaktionen auf die optische Präsentation schwankten konstant zwischen „Boah wie gut sieht das denn aus“ und „Wow, ist das Spiel von 2008?“. Leider habt ihr in Call of Cthulhu nicht nur mit dem Wahnsinn, sondern auch mit der visuellen Darstellung zu kämpfen, in der ein starkes Gefälle vorherrscht. Teils schafft es das Spiel, vor allem durch die Lichtstimmung, wunderschön auszusehen. Werden jedoch gerade die Charaktere fokussiert, ereilt euch eine andere Art von Terror, erinnern diese teils an Figuren aus einem Gruselkabinett.

Wo es dem Titel am Visuellen mangelt, begeistert es auditiv und vor allem durch die Atmosphäre. Ich bin jemand, der normalerweise keine Horrorspiele in der Egoperspektive spielt. Call of Cthulhu hat mich darin bestätigt.

Situationen, wie das Schleichen durch ein dunkles Krankenhaus zu ruhiger, teils kakophonischer Musik, untermalt vom schweren Atmen und dem Herzschlag des Hauptcharakters, lösten derartige Anspannung in mir aus, dass ich beim unausweichlichen Jumpscare nicht nur einmal den Controller aus der Hand fallen ließ. Doch keine Angst, das Spiel besteht nicht nur aus Jumpscares. Die wenigen vorhandenen, zünden jedoch meiner Meinung nach sehr gut.

Auch abseits dieser seltenen Momente schafft es Call of Cthulhu eine durchgehend angespannte und unangenehme Grundstimmung aufzubauen und vor Allem auch zu halten.

Fazit - Call of Cthulhu

Call of Cthulhu mag nicht das hübscheste Videospiel sein, dass diesen Monat erscheint, aber vielleicht ist es das atmosphärischste.

Selten habe ich mich so in einem Spiel verloren und wollte, obwohl ich teils mit Gänsehaut und unfassbar angespannt da saß, trotzdem nicht den Controller aus der Hand legen. Wollte ich doch wissen, wie es Edward Pierce ergeht und wohin seine Reise ihn führen wird.

Auch wenn es zunächst nicht so erscheinen mag, bietet Call of Cthulhu sehr viel. Egal, ob ihr einfach nur die Story durchspielen und euch ein wenig gruseln wollt, oder ob ihr euch tiefgehend mit der Geschichte befassen wollt und jedes Stück Wissen, dass ihr in Form von Büchern und Zetteln aufsammelt, in euch aufsaugt.

Die Kombination aus interessanter Geschichte, packender Atmosphäre und motivierendem Gameplay sorgen dafür, dass ich Call of Cthulhu ruhigen Gewissens als eine der besten Videospielerfahrungen bezeichnen kann, die ich in diesem Jahr machen durfte.

Seid ihr also riesiger Fan des Mythos um den großen Schlummerer oder kompletter Neuling, wenn es um den Gott aus dem versunkenen R’lyeh geht, wenn ihr auf packende Atmosphäre und eine gute Geschichte steht, solltet ihr euch Call of Cthulhu auf jeden Fall einmal näher ansehen.

In diesem Sinne: Ph'nglui mglw'nafh Cthulhu R'lyeh wgah'nagl fhtagn

Bildquelle(n): Focus Home Interactive