Mit Tokyo School Life kommt eine weitere Visual Novel auf die Switch, welche schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Ob sich eine Anschaffung lohnt, oder die Entwickler sich die Arbeit für einen Switch-Release hätten sparen können, erfahrt ihr bei unserem Ausflug mit Tokyo School Life.

Ein Sommer in Japan

In Tokyo School Life spielt ihr einen jungen Schüler, welcher es sich durch seine guten Noten verdient hat, die Sommerferien in Japan zu verbringen. So weit so gut. Doch als ihr in Japan landet merkt ihr direkt, dass wohl doch nicht alles so ist, wie ihr es aus den Anime kennt. Nicht nur, dass ihr zu spät zu eurer ersten Schulstunde kommt, ihr habt auch direkt ein paar unangenehme Begegnungen. Diese strotzen nur so vor Klischees, von "in ein Mädchen rein laufen und dann zufällig ihre Brüste berühren", bis hin zu "eine Mitschülerin mit Eistee übergießen". Tokyo School Life deckt in die Richtung alles ab.

Nachdem ihr also mit diversen Mitschülerinnen angeeckt seid, dürft ihr endlich euer neues Zuhause beziehen und wie es der Zufall so will, sind eure neue Mitbewohnerinnen die selben Mädchen, mit denen ihr eure Reibereien hattet. Diese sind drei an der Zahl und heißen Karin, Aoi und Sakura. Nun heißt es zusammen wohnen und das auch noch ohne Erwachsene. Für unseren Protagonisten anfangs eine gefühlte Hölle.

Kurzgeschichte zum Haare raufen

Die Geschichte von Tokyo School Life wirkte am Anfang sehr abschreckend, da doch äußerst extrem mit der Klischeekeule geschwungen wird. Diese wird im Laufe des Spiels zwar nie ganz verschwinden, zeigt sich aber weniger. Viel mehr geht es um den Protagonisten selbst und wie er, mit Hilfe seiner drei neuen Mitbewohnerinnen, Japan entdeckt. Dies passiert über mehrere Kapitel hinweg, die gut geschrieben sind und alle drei Frauen näher beleuchten. Dabei kommen versteckte Hobbies zu Tage und ihr könnt jeweils an verschiedenen Stellen, mit einer Auswahl, auf die Dialoge reagieren. Je nachdem, wie ihr euch in einem Kapitel verhalten habt, reden die drei Mädchen positiv oder negativ über euch in ihrem WG-Gruppenchat.

Was auf Anhieb gefällt ist, dass alle drei sehr real und auch spaßig geschrieben sind. Dadurch macht es Laune, ihren Geschichten zuzuhören. Leider wirken die Kapitel insgesamt sehr schnell aufgebaut und geben kaum Raum für ausgearbeitete Charakterentwicklung. Ihr seid dadurch schnell an dem Punkt, dass ihr klar wählen könnt, wer denn das Mädchen sein soll, wofür ihr euch entscheidet und dann kommt auch schon abrupt das Ende auf euch zu. Hier wäre etwas mehr Story wünschenswert, als nur eine kurze viel zu schnell erzählte Kurzgeschichte. Was aber am meisten stört, ist das völlig irrationale Verhalten des Protagonisten. Da ihr ihn selber verkörpert und benennt stört es um so mehr, dass er so unfassbar peinlich geschrieben ist. Gefühlt verhält er sich in jeder Situation so dumm er nur kann und wird als dauergeiler Weeb dargestellt, der außerdem keine Ahnung von den grundlegenden Dingen Japans hat. Dies ist zum heulen, da es absolut nicht zum Rest der ganzen Geschichte passt.

Lerneise durch Japan

Tokyo School Life ist ein Text-Adventure, eine sogenannte Visual Novel. Das heißt, ihr habt persönlich nicht wirklich etwas zu tun, abgesehen vom Lesen der Handlung. Ihr habt lediglich an bestimmten Punkten im Spiel die Auswahl zwischen verschiedenen Antwortmöglichkeiten, welche dann den Spielfluss bestimmen. Zusätzlich gibt es für euch die Möglichkeit an jeder Stelle zu speichern um auch andere Antworten auszuprobieren. So könnt ihr jeden Dialog einmal ausprobieren, ohne das Spiel komplett neu zu beginnen. Im Gegensatz zur PC Version mit 900 Speicherplätzen, bietet die Switch Version "nur" 72, was aber auch mehr als genug ist. Mit der Auto-Funktion ist es ebenfalls möglich entspannt das Spiel vor sich hinlaufen zu lassen beim Essen oder einfach im Bett zu liegen und die Geschichte zu genießen. Textgeschwindigkeit und wie fix die Nachrichten automatisch auftauchen und wieder verschwinden ist dabei auch variabel einstellbar.

Ganz interessant ist, dass ihr im Laufe der Geschichte, viel über Japan lernt. Dadurch, dass unser Protagonist eben ein Austauschschüler ist, wird ihm viel erklärt, was er vorher nicht wusste. Sowohl bestimmte Sitten, Feiertage und generelles über die Kultur wird einfach erklärt mitgeteilt und so könnte für euch oftmals ein Kapietel mit einem „Aha“-Moment enden. Falls ihr sogar am Lernen der Sprache interessiert seid, gibt es die Möglichkeit ein zusätzliches Textfenster am oberen Bildschirmrand einzublenden. In diesem könnt ihr die Texte des Spiels in Hiragana oder Romanji anzeigen lassen. Die Japan-Fans unter euch, können also, neben der Schul-Liebes-Geschichte mit den drei Mädchen, einiges lernen.

Stimmen zum Bild

Das dicke Plus von Tokyo School Life ist definitiv das Artwork. Die Charaktere sind fantastisch gezeichnet und auch Hintergründe haben ihren Scharm. Es wirkt zwar durch das Fehlen von anderen Charakteren, außer den drei Mädchen, manchmal einsam auf dem Bildschirm, aber sie selbst sehen klasse aus. Vor allem gut gelungen sind Animationen von Bewegungen und Gesichtsmimik. Zusätzlich zu den Animationen, passt auch die Synchronisation wie die Faust aufs Auge. Nicht nur wurden alle Dialoge Synchronisiert, sondern auch perfekt auf die Mundbewegungsanimation angepasst. Hier wurde sehr viel Liebe ins Detail gesteckt. Der generelle Soundtrack ist etwas lasch, reicht aber als Hintergrundgedudel zum Lesen der Texte völlig aus.

Fazit – Tokyo School Life

Insgesamt ist Tokyo School Life eine ganz passable Visual Novel, die leider an zu vielen Kleinigkeiten ihren Reiz verliert. Der stumpfe Protagonist, der nicht nur unrealistisch geschrieben ist, sondern auch völlig unsympatisch noch dazu, ist wohl das größte Manko. Die Kürze und fehlende Vielfalt an Entscheidungen und Geschichtssträngen tun ihr übrigens. Dagegen steht aber trotzdem eine schlichte aber spaßige Geschichte, mit drei liebenswürdigen Mädchen, die als Liebesinteresse alle ihre persönlichen reize haben und das zusätzliche Lernen von japanischer Kultur macht Tokyo School Life zu einem angenehmen Zeitvertreib. Falls ihr gerne mal eine einfach Geschichte erleben wollt, oder einfach vom Alltagsstress abschalten, dann ist Tokyo School Life mit seinem günstigen Preis zu empfehlen. Wenn ihr allerdings eher auf anspruchsvolle Kost steht, was Bücher oder eben Visuel Novels angeht, dann Finger weg.

Erschienen ist Tokyo School Life am 14.02.2019 für die Nintendo Switch und am 12.02.2015 erschien es bereits für den PC. Getestet wurde die Nintendo Switch Version.

Bildmaterial: ©PQube