Das Horror-Genre hat in den letzten Jahren viele Wandlungen durchlebt, was den Videospielbereich angeht. Ob eher positiv oder negativ kann wohl jede Person für sich selbst entscheiden. Es ist allerdings unumstritten, dass es kaum noch richtige Action-Horror Spiele gibt und schon gar keine, die einem wirklich das Fürchten lehren. Frogwares wollen daran etwas ändern und versuchte mit Hilfe des berüchtigten H.P. Lovecrafts ein unheimliches Spiel zu schaffen. Ob es ihnen bei The Sinking City gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Bericht.
Willkommen in Oakmont
Schreckliche Visionen und ein immer wiederkehrender Traum plagen Charles W. Reed, seit er mit seiner Crew der USS Cyclops untergegangen ist. In der Stadt Oakmont wird ihm Hilfe versprochen, also macht er sich auf den Weg dorthin. Die Stadt selbst ist jedoch kaum noch zu erreichen und durch eine mysteriöse Flut von der Außenwelt komplett abgeschnitten. Seitdem herrschen dort andere Regeln. Nachdem er nicht mehr in der Marine aktiv ist, verdient sich Reed sein Geld als Privatermittler. Und genau das verhilft ihm dazu, frisch in Oakmont angekommen, einen Auftrag zu erhalten. Denn bei den vielen Fragen, die unser Protagonist hat, soll ihm Robert Throgmorton helfen können. Robert gehört einer der drei großen Familien an, die Oakmont unter sich aufgeteilt haben. Er beauftragt Reed damit, seinen verschwundenen Sohn zu finden. Dieser war zuletzt auf einer Expedition in den Tiefen des Meeres. Schnell erfährt unser Detektiv das tragische Schicksal von Roberts Sohn und noch undenkbar schlimmeres.
Vieles in der Geschichte baut sich auf Erzählungen von Lovecraft auf und ihr werdet stetig Parallelen finden, zu Figuren oder Geschichten des Autors. Leider hat The Sinking City nicht die selbe Geduld, die die Texte von Lovecraft an den Tag legen und so wirkt die gesamte Geschichte sehr hektisch erzählt und bekommt kaum Pausen. Dies sorgt leider auch dafür, dass die eigentlich sehr spannende Geschichte zu schnell abgehandelt ist und der Horroraspekt komplett auf der Strecke bleibt. Davon abgesehen, werdet ihr von Beginn an mit obskuren Geschehnissen konfrontiert, die zwar schön dargestellt sind, aber viel zu willkürlich wirken. Die in den ersten Minuten des Spiels verrückt zum Meer betenden Fischer beispielsweise oder die absurd nach Tieren aussehenden Menschen. Unser Hauptcharakter wundert sich teilweise sehr stark darüber und geht gleichzeitig mit einer Skepsis an die gesamte Geschichte ran, die für das, was er die ganze Zeit sieht, ziemlich übertrieben ist. Dennoch ist die Geschichte in ungefähr 10 Spielstunden schnell vorüber und leider nicht auf einem Niveau, welches eines Textes Lovecrafts gerecht werden würde. Auch die Gesprächsoptionen, die ihr auswählen könnt, bringen nicht mehr Tiefe ins Geschehen. Jede Wahl die ihr trefft ist im Endeffekt belanglos. Hier wurde viel Potenzial verschenkt.
Auf Spurensuche
Ganz wie bei der Geschichte, ist auch das Gameplay ein zweischneidiges Schwert. Ihr habt unterschiedliche Abschnitte im Spiel. Die Detektivarbeit und der Actionteil, der sich hauptsächlich um Kämpfe dreht.
Kommen wir als erstes zum starken Teil des Gameplays, die angesprochene Detektivarbeit. Bemerkenswert an The Sinking City ist, dass das Spiel euch (bei gewünschter Schwierigkeit) kein bisschen an die Hand nimmt. Euer HUD besteht lediglich aus Energie- und Wahnsinnsanzeige und einem kleinen Kompassbalken im oberen Teil. Dieser zeigt euch Wegpunkte an, allerdings nur, wenn ihr sie selber markiert habt. Ihr müsst nämlich selbst agieren und Schlüsse ziehen. Findet ihr Notizen über unheimliche Geschehnisse, die euch interessieren, müsst ihr aus den Notizen herauslesen, wo diese stattfanden. Habt ihr wichtige Informationen gefunden, wie zum Beispiel Straßennamen, müsst ihr diese selbst auf der großen Karte suchen und markieren. Dies kann am Anfang zu einem Gefühl des verlorenseins führen. Nachdem ihr allerdings den Dreh raus habt, ist es, gerade für ein Detektivspiel, eine spaßige Art von Gameplay. Und sind wir mal ehrlich, endlich mal nicht alles vorgekaut zu bekommen ist zur Abwechslung auch mal angenehm. Außerdem hat Reed seit seines Unglücks eine Art inneres Auge, mit dem er nicht nur wichtige Hinweise sehen kann, sondern auch einen Blick in die Vergangenheit tätigen kann. Dadurch kann er Tathergänge nachstellen und hat bei seiner Arbeit einen erheblichen Vorteil.
Doch habt ihr viele Indizen gesammelt und seid bereit in einen Fall tiefer einzutauchen, kommen wir auch zum großen Minuspunkt von The Sinking City.
Denn noch unheimlicher als die Geschehnisse, ist, wie sich die Kämpfe abspielen. Jeder Kampf ist eine gefühlte Qual und raubt die Lust, weiter im Spiel voran zu kommen. Nahkämpfe sind ungenau und Schüsse geben kein richtiges Feedback. Dazu ist es kaum Möglich in irgendeiner Form auszuweichen. Die Devise ist also, entweder alles klein zu hauen und so wenig Schaden wie möglich davon zu tragen oder wegrennen. Das Wegrennen hat aber wenig mit Panik zu tun, also lediglich dem leid sein des Gameplays in Kampfsituationen. Von Anfang des Endes, bis zum Schluss ist es eine absolut Tortur, auf Gegner zu treffen.
Bedrückend aber leblos
Zu einer düsteren Detektivgeschichte gehört natürlich eine düstere Welt. Diese ist wirklich großartig dargestellt. Zwischen Ruinen von Häusern, dem Dauerregen und okkulten Objekten bewegt ihr euren Charakter umher. In vielen Häusern wurde auf einen hohen Detailgrad geachtet. Abgesehen von der gruseligen Atmosphäre, die so gut umgesetzt wurde, leidet auch hier der Horrorfaktor an den Monstern und demnach den Kämpfen. Reed bewegt sich ziemlich steif und mit lediglich fünf verschiedenen Gegnertypen, welche meist unspektakulär aus dem nichts auftauchen, ist der Gruselfaktor sehr schnell an seinem Tiefpunkt angekommen. Auch hier hätte sich Frogwares so schön an den Büchern Lovecrafts bedienen können, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Außerdem bietet euch das Spiel kaum NPCs mit denen ihr Gespräche führen könnt, abseits von Aufträgen. Es gibt weder Händler die euch was verkaufen, noch Anwohner Oakmonts die über mehr als einen Einzeiler hinaus kommen. Bei einem Spiel, was zum Großteil mit seiner Geschichte glänzen will, eher ein schwaches Ergebnis.
Düstere drückende Sounds begleiten euch während ihr eurer Arbeit nachgeht die gesamte Zeit. Diese passen stimmig ins Gesamtkonzept des Spiels, stechen aber leider auch nicht weiter heraus. Auf ein Soundtrack Highlight, wie aus einem Silent Hill, wird vergeblich gehofft. Jedoch positiv hervorzuheben ist die Synchronisation, welche sowohl im englischen als auch deutschen Ton sehr sauber ist und auch auf die Charaktere gut passt. Emotionen werden hervorragend rübergebracht. Dies sollte aber bei einem Spiel, was den Schwerpunkt auf die Geschichte hat, auch das Mindeste sein.
The Sinking City – Fazit
Insgesamt kann sehr viel über The Sinking City gemeckert werden. Es ist nicht der neue Heiland des Horror-Genres und auch kein technisch brillantes Spiel. Auch ein jeder Text Lovecrafts erzählt eine spannendere Geschichte und trotzdem schafft es The Sinking City einen bis zum Ende zu fesseln. Die Geschichte, die ein Interesse an Oakmont und Reeds Schicksal weckt, ist einfach gut erzählt und dadurch, dass das Spiel nicht zu langatmig ist, auch fix durch. Am Ende ist The Sinking City eines dieser Spiele, das zwar gut ist, aber gleichzeitig durch seine technischen Schwächen und Austauschbarkeit der Gegner extrem schwächelt. Allerdings kann es natürlich besser werden und vielleicht werden sich Frogwares noch einmal den Schritt in die tiefen des Lovecrafts-Universums trauen und beim nächstes mal alles besser machen. Horror- und Lovecraftfans kommen allerdings kaum drum herum in The Sinking City reinzuschnuppern, da es doch immer noch besser ist, als jeder willkürliche Jump-Scare-Titel.
Erschienen ist The Sinking City am 27. Juni 2019 für PC, Xbox One, PlayStation 4 und der Nintendo Switch. Getestet wurde es auf dem PC.
Bildmaterial: ©Bigben Interactiv