Als mit Nier: Automata die Fortsetzung des beliebten Action-Rollenspiels Nier angekündigt wurde, ging Fans weltweit das Herz auf. Nun ist der Titel auf dem Markt und begeistert die Spieler überall. Ich glaube, ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass in Zukunft auch mir beim Gedanken daran warm ums Herz werden wird.
Glory to Mankind
Die Geschichte von Nier: Automata beginnt im Jahr 11945 und findet in der gleichen postapokalyptischen Welt wie schon Nier statt. Die Erde wurde mittlerweile von Außerirdischen und ihren Robotern invadiert und die letzten Reste der Menschheit wurden auf den Mond vertrieben.
Seitdem tobt auf der nun unbewohnten Erde ein Stellvertreterkrieg zwischen den Maschinen der Aliens und den von Menschen geschaffenen Androiden.
2B or not to be
Ihr schlüpft in die Rolle eines ebensolchen Androiden namens 2B. Eure Aufgabe ist es, die ebenfalls aus Androiden bestehende Widerstandsbewegung auf der Erde zu unterstützen. Dabei werdet ihr begleitet von 9S, der auch ein Android ist.
2B zeichnet sich dadurch aus, dass sie relativ kühl und berechnend ist und einfach ihren Auftrag erfüllen will. 9S hingegen ist geradezu emotional, hinterfragt Dinge und versucht sich mit 2B anzufreunden. Es scheint teilweise geradezu so, als wäre er in 2B verliebt und würde versuchen, in ihr ähnliche Gefühle zu wecken. Das wohlgemerkt, bei Androiden, also menschlich wirkenden Robotern.
Auf ihrer gemeinsamen Reise durch zerstörte Städte, Wüsten und Wälder, begegnen den beiden immer wieder die Maschinen der Außerirdischen. Doch warum laufen viele dieser Roboter einfach nur friedlich in der Gegend herum? Und warum haben einige von ihnen versucht stammähnliche Gesellschaften zu gründen?
Do Androids dream of electric sheep?
Die Maschinen scheinen ein Bewusstsein und Emotionen entwickelt zu haben. Nier: Automata ist nicht das erste Medienprodukt, dass sich mit einer solchen Thematik beschäftigt und wird auch nicht das letzte sein.
Doch wird sich hier anders damit beschäftigt. Eher im Hintergrund werden immer wieder nuancierte Hinweise gestreut, die bei Desinteresse auch durchaus komplett übersehen werden können. Viel dieser Thematik wird im normalen Spielverlauf überhaupt nicht angesprochen, sondern erst beim erneuten Durchspielen.
Dieser Spieldurchlauf wird präsentiert vom Buchstaben A
Wer Nier: Automata nur einmal durchspielt, verpasst viel. Insgesamt enthält das Spiel ganze 26 Enden, eines für jeden Buchstaben im Alphabet. Hierbei sind jedoch nur Enden A-E wirklich von Bedeutung und die anderen eher Witz-Enden. Diese schaltet ihr frei, indem ihr beispielsweise an einer bestimmten Stelle falsch abbiegt oder ähnliches.
Um die komplette Geschichte zu erleben und wirklich zu erfahren, was hinter dem ewigen Stellvertreterkrieg steckt, rate ich euch, alle relevanten Enden zu erleben. Im zweiten Spieldurchlauf beispielsweise steuert ihr auf einmal 9S und erlebt die Geschichte aus seiner Sicht. Spätere Durchläufe geben euch die Kontrolle über A2, ein früheres Androidenmodell, das sich vom Kommando losgesagt hat und allein durch die Welt streift.
Dennoch ist das nicht das gleiche Spiel nur mit einem anderen Charakter. Immer wieder seht ihr zusätzliche Zwischensequenzen, die die Hintergrundgeschichte näher erläutern. Auch das Gameplay ist nicht das gleiche. Dadurch, dass beispielsweise 9S ein anderes Androidenmodell als 2B ist, kämpft er nicht mit zwei Waffen, sondern kann nur eine benutzen und zusätzlich hacken. Hackt ihr einen Feind, wird Nier: Automataauf einmal zu einem Shoot ‘em up im Ikaruga-Stil mit 8-Bit Musik.
Spielerische Wundertüte
Doch nicht nur das Hacken stellt eine Abweichung vom üblichen Gameplay dar. Wer bei Nier: Automata ein „simples“ Character-Actiongame im Stile anderer Platinum Games Titel wie „Bayonetta“ oder „Metal Gear Rising: Revengeance“ erwartet, täuscht sich. Immer wieder findet ihr euch nicht nur in einem Shoot ‘em up wieder, sondern geradezu in einem Bullethell-Shooter. Das Überraschende dabei ist, dass das nicht etwa erst nach mehreren Spielstunden passiert, sondern das Spiel mit einer solchen Sequenz anfängt.
Abseits von diesen stetigen Genre-Wechseln bietet Nier: Automata noch viel mehr: Ein extrem befriedigendes Kampfsystem, das abhängig von den ausgerüsteten Waffen die verfügbaren Kombos wechselt. Einen verbesserbaren Drohnengefährten, der das Kampfsystem um eine Fernkampfebene erweitert. Unzählige Nebenquests, die teils bessere Geschichten erzählen, als ganze Vollpreistitel. Die bereits erwähnten verschiedenen Enden, durch die bei nur einmaligem Durchspielen nicht nur viel der hervorragenden Geschichte verborgen bleibt, sondern auch mehr Spielvielfalt entsteht. Und Dinge, wie ein unglaublich interessantes und andersartiges Skillsystem.
Hmmm…Chips
Bei Händlern und nach Kämpfen findet ihr immer wieder Computerchips. Diese sind Dreh- und Angelpunkt des ausgeklügelten Skillsystems von Nier: Automata. Als Android habt ihr Platz für eine bestimmte Anzahl von Chips, der später erweitert werden kann.
Diese Chips geben euch Dinge wie mehr Kampfstärke, mehr Lebensenergie oder Lebensregeneration. Doch das ist nicht alles. Später gibt es beispielsweise Chips, die dafür sorgen, dass bei erfolgreichem Ausweichen die Zeit einen Moment lang stehen bleibt. Dies bringt eine Variante der Hexenzeit aus „Bayonetta“ ins Spiel.
Doch aufgepasst. Verliert ihr euer virtuelles Leben, müsst ihr an den Ort eures Ablebens zurückkehren und eure Leiche „aufsammeln“, da ihr sonst die ausgerüsteten Chips verliert.
Erlebnis, auch ohne Vorkenntnisse
Dadurch, dass Nier: Automata mehrere tausend Jahre nach dem originalen Nier spielt, müsst ihr den Vorgänger nicht gespielt haben, um Spaß daran zu haben. Doch werdet ihr spätestens ab dem zweiten Spielablauf stellenweise nur wenig bis gar nichts verstehen, wenn von Dingen wie Project Gestalt und Project Replicant gesprochen wird. Die späteren Spieldurchläufe beziehen sich an vielen Stellen auf Nier und zitieren es hier und da sogar.
Ich selbst habe den Vorgänger leider nie gespielt, ihn jedoch in Form von Let’s Plays in Gänze nachgeholt. Solltet ihr, wie ich, keine Möglichkeit haben Nier selbst zu spielen, kann ich euch nur wärmstens empfehlen, es zumindest als Let’s Play nachzuholen. Das Vorwissen erweitert das Erlebnis Nier: Automata um einiges.
Fazit – Nier: Automata
Nier: Automata ist kein bloßes Videospiel. Es ist ein Erlebnis.
Die unglaublich tiefgründige, hervorragend geschriebene, emotionale Geschichte. Die subtile, nuancierte Beschäftigung mit dem Thema des aufkeimenden Bewusstseins künstlicher Intelligenz. Das Gameplay, das sich an manchen Stellen von Minute zu Minute ändert und so nie langweilig wird. Die Musik, die anders als bei anderen Character-Actiongames nicht laut und treibend ist, sondern ruhig und orchestral und dafür sorgt, dass man sich in einen Traum-/Rauschzustand spielt. Die Figuren, die einem über die Dauer des Spiels immer mehr ans Herz wachsen und deren Beziehungen zueinander geradezu ergreifende Maße annehmen.
Die Kombination all dieser Punkte macht aus Nier: Automata nicht nur ein Videospiel sondern ein Erlebnis. Square Enix und Platinum Games haben hier ein Meisterwerk geschaffen, das sich nicht nur einem Platz an der Spitze meiner persönlichen Topliste sondern auch in meinem Herzen gewiss sein kann.
Bildquelle(n): Square Enix Holdings Co., Ltd., Platinum Games