Capitalism, ho! Das eigene Leben zu riskieren, um die Welt zu retten, ist etwas für naive Schwächlinge. In Moonlighter ergötzen wir uns einzig und allein an den Freuden des Kapitals und der Gewinnmaximierung. Denn wenn wir in gefährlichen Dungeons Loot sammeln, machen wir das, um unsere Schätze geschwind für viel Geld in unserem Shop verkaufen zu können. Doch ist die Kombi aus Dungeon Crawler und Ladensimulator so gut wie sie auf dem Papier klingt?

Looten ist des Händlers Glück

Rynoka ist ein merkwürdiges Örtchen. Am Rand des unscheinbaren Dorfes befinden sich vier Tore, die in geheimnisvolle Dungeons führen. Was es mit den Kerkern, in denen allerlei fiese Monster lauern, auf sich hat, weiß niemand so recht. Eins ist jedoch klar: Mutige Händler finden dort allerhand Artefakte, die sie für viel Geld an den Mann und die Frau bringen können. Nach dem Tod seines Großvaters, stellt sich Will die Aufgabe, den namensgebenden Shop Moonlighter fortzuführen und geht auf Schatzjagd.

Das Gameplay von Moonlighter kann in grob zwei Segmente unterteilt werden: Dungeon-Ausflüge und Shop-Management. Wenn wir in einem der vier Gewölbe unterwegs sind, gibt sich Moonlighter als Dungeon Crawler. Jeder Kerker besteht aus drei Ebenen, die bei jedem Besuch zufallsgeneriert werden, und einem Boss, der am Ende auf uns lauert. Wenn wir gegen allerhand fiese Monster kämpfen, spielt sich Wills Abenteuer ähnlich wie der Zelda-Klassiker A Link to the Past - mit mehr Action und weniger Rätseln. Wenn wir wollen, können wir uns beim lokalen Schmied gar Links Klamotten und Schwerter nachbilden lassen. Das Sortiment an verschiedenen Waffen ist jedoch breitgefächert und sorgt für Abwechslung: Neben Schwert und Schild können wir uns mit einem Langschwert ausrüsten, Kampfhandschuhen, einem Speer oder Pfeil und Bogen. Wir können zwei Waffentypen gleichzeitig ausrüsten und so taktisch geschickt hin und her wechseln.

Erlernbare Skills oder gar Talentbäume, die den Scharmützeln mehr Tiefe verleihen würden, gibt es hingegen nicht. Auf Dauer fühlen sich die Metzeleien trotz vieler unterschiedlicher Monster daher etwas eintönig an. Besiegte Kreaturen hinterlassen Loot und Schatztruhen, die natürlich sofort geplündert werden, um potentielle Reichtümer einzusacken. Da das Inventar sehr begrenzt ist, müssen wir jedoch weise wählen, welche Items wir wirklich mit nach Hause nehmen wollen. Während der Schwierigkeitsgrad auf den Dungeon-Floors angenehm knackig, doch nie unfair ist, fallen die Bosse leider recht stupide aus: Bei den meisten Endgegnern reicht es aus, sich unmittelbar vor das Monster zu stellen und ohne Unterlass den "A"-Knopf zu hämmern.

It’s all about the money, money, money

Verlassen wir den Dungeon, gönnen wir uns eine Runde Schlaf und eröffnen bei Tag unseren zunächst gemütlichen, später geradezu luxuriösen Shop. Wir verteilen unser zuvor gesammeltes Loot auf die begrenzte Verkaufsfläche und legen Preise fest, für die wir unsere Produkte verkaufen möchten. Nun heißt es: auf Kunden warten. Betritt die kauflustige Meute unseren Laden, zeigen kleine Sprechblasen über ihren Köpfen an, was sie von unseren Preisen halten: Empfinden sie sie als Wucher? Ziemlich teuer? Optimal? Oder gar als verrücktes Schnäppchen? Sind unsere Schätze zu teuer, verzichten die Bewohner von Rynoka auf einen Kauf. Geben wir sie aber zu günstig weg, lassen wir uns wertvolles Gold aus den Lappen gehen. Individuell verhandeln können wir mit unseren Kunden nicht. Unser schlaues Büchlein hält glücklicherweise alle Preise fest und bietet uns Orientierung bei brandneuem Loot. Denn alle Items sind in ihrer Wertigkeit und in aufsteigenden Kategorien sortiert, sodass uns zumindest ein grober Wertrahmen vorliegt. Dann heißt es: experimentieren und den perfekten Preis herausfinden.

Das ist zwar kurzweilig und charmant, hat aber keinen großen Tiefgang. Obwohl der Shop in Moonlighter eine wichtige Rolle spielt, entwickeln sich die Mechaniken nie weiter. Schnell stellen sich daher gewisse Automatismen ein, die wir Tag für Tag von Neuem abspulen. Wir können unseren Shop vergrößern oder mit einer handvoll Items verschönern, einen echten Unterschied macht das aber nicht. Auch die Möglichkeit, mit unseren Kunden verhandeln und um jede Goldmünze feilschen zu können, fehlt uns. Wenn wir unseren Shop genug ausgeweitet haben, können unsere Kunden uns immerhin beauftragen, bestimmte Items für sie zu sammeln. Leider sind diese Missionen die Zeit, die sie beanspruchen, nur selten wert.

Wir schwimmen in Reichtum! Und was nun?

Mit den gesammelten Reichtümern können wir beim Schmied unsere Ausrüstung upgraden oder bei der ortsansässigen Hexe neue Heiltränke brauen, um in der Nacht noch tiefer in die Dungeons vordringen zu können. Hier kommt eine weitere Schwäche des Spiels zutage: Das Dungeon-Erkunden und Shop-Management fühlt sich wie ein reiner Selbstzweck an. Wir erforschen die Kerker, um Geld zu verdienen. Wir brauchen das Geld, um die Gewölbe erkunden zu können. Übergeordnete Ziele - etwa Schulden, die wie ein Damoklesschwert über uns hängen - oder abwechslungsreiche Nebentätigkeiten fehlen. Spätestens, sobald wir unser Lieblings-Equipment aufs Maximum aufgewertet haben, fällt frappierend auf, dass unser Gold herzlich wenig Nutzen mit sich bringt. Rynoka sieht zwar ganz nett aus, doch leider scheint hier der Bär begraben - selbst die NPCs haben nicht mehr auf Lager als die immer gleichen Standardsprüche.

Nach circa 10 bis 15 Stunden Spielzeit rollen die Credits über den Bildschirm. Wer möchte, kann anschließend noch weiter in die Dungeons ziehen und Loot für seinen Laden sammeln. Es ist jedoch eher fragwürdig, ob man darauf tatsächlich Lust hat: Trotz seiner relativ kurzen Spielzeit, verliert Moonlighter gen Ende hin an Reiz und neue Aufgaben gibt es nach Spielende ohnehin nicht. Wer möchte, kann aber ein New Game Plus starten.

Fazit - Moonlighter

“Nur noch ein weiterer Tag, dann höre ich aber wirklich auf!" Moonlighter ist dank seiner tadellosen Spielbarkeit und des griffigen Gameplay-Loops aus Dungeon-Ausflügen und Shop-Management ein echter Süchtigmacher. Mit der neuen Switch-Version ist es zudem ein optimaler Kandidat, um schön nebenbei gezockt zu werden, während auf dem großen Bildschirm die neueste Netflix-Serie läuft. All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Moonlighter allzu schnell als sehr seichte Unterhaltung entpuppt: Egal, ob Dungeon-Crawling oder Items verkaufen, den einzelnen Systemen mangelt es an Tiefgang - und so ist trotz der relativen geringen Spielzeit von 10 bis 15 Stunden die Luft schneller raus als uns lieb ist.

Die getestete Switch-Version von Moonlighter ist seit dem 5. November erhältlich - neben einer digitalen Version im eShop, auch als physischer Release im Handel. Außerdem ist Moonlighter bereits seit geraumer Zeit für PS4, Xbox One und PC verfügbar.

Bildquellen: 11bit Studios, Digital Sun, Headup Games