Um den sagenumwobenen Teil 3 der Videospiel-Reihe, die Final Fantasy und Disney zusammenschweißt, war es lange still. 13 Jahre haben wir auf den Einzug des neuen Core-Titels gewartet und endlich ist Kingdom Hearts 3 angekommen. Aber ob der Titel der langen Wartezeit gerecht wurde? Das erfahrt ihr hier.
Eine wahnwitzige Vorstellung
Was wäre, wenn die Welten von Disney und Final Fantasy aufeinandertreffen würden? Mit diesem Gedanken entstand im Jahr 2002 „Kingdom Hearts“ für die PS2. Die Idee, zwei derartig verschiedene Welten verschmelzen zu lassen, erschien völlig verrückt. Trotzdem schlug der Titel ein wie eine Silvesterrakete. Wer träumte damals nicht davon, an der Seite von Aladdin oder Hercules eine Menge Unholde mit Feura-Zaubern und ellenlangen Kombos zu verdreschen? Tetsuya Nomura hat an dieser Idee festgehalten und 2006 erschien gleich „Kingdom Hearts 2“. Es brachte ein noch actionreicheres Kampfsystem und mehr Disney-Welten mit, die es zu erkunden gab.
Doch ein dritter Teil blieb vorerst aus. Keine Spur von Kingdom Hearts 3, bis dann endlich, 2013, ein Trailer zu einem dritten Teil den Hoffnungsschimmer in den Fans aufblitzen ließ. Völlig still blieb es um die Serie des „Kingdom Hearts“ jedoch keineswegs. Bis zum eigentlichen Release von Kingdom Hearts 3 erschienen nicht nur Remakes von Teil 1 und 2, sondern auch sämtliche andere Spinoffs; Teilgeschichten, die den Plot weiter forttragen sollen. Dieser ist mittlerweile derartig komplex, dass ein normaler Sterblicher kaum hinterherkommen kann. Doch worum geht es in „Kingdom Hearts“ überhaupt?
Sora, ein einfacher Junge aus Destiny Island, will mit seinen Freunden Riku und Kairi die Insel verlassen, um neue Welten zu entdecken. Doch die Dunkelheit trennt das Trio voneinander. Vom Schlüsselschwert auserkoren durchreist Sora zusammen mit Donald und Goofy die verschiedensten Welten, um Soras Freunde wieder zu finden und die Dunkelheit zu verbannen. Soweit die Kurzfassung vom allerersten Teil.
The plot thickens
Während Kingdom Hearts 3 noch im Schlummerland war, wurde durch Spinoff-Titel wie „Birth by Sleep“ und „358/2 Days“ die Story weiter ausgebaut, teilweise grundverändert. Da stellt es sich nun heraus, dass ein alter Mann namens Xehanort der eigentliche Bösewicht ist. Er erschuf die wahre Organisation XIII, ein Komitee aus 13 Abbilde von ihm, die auf der Suche nach 7 reinen und 13 dunklen Herzen ist. Diese werden benötigt, um die legendäre χ-Klingezu erschaffen, mit der sich Xehanort die Macht des Kingdom Hearts einverleiben möchte.
Klingt schon ziemlich episch und ist soweit auch einleuchtend. Nur bringt die Story das allgemein schwer verdaulich rüber. Zahlreiche Retcons in den Spinoffs machen den Verlauf der Geschichte nicht sofort begreiflich. Das wäre nicht so schlimm wären die Ableger für das Verständnis des Plots in Teil 3 nicht erforderlich. Kingdom Hearts 3 knüpft nur leider direkt an das Ende von „Dream Drop Distance“ an und Einsteiger, die sich maximal vorher mit Teil 1 und 2 beschäftigt haben, werden mit der Fülle neuer Charaktere und Plot-Segmente überschüttet.
Die Story ist mittlerweile so komplex und wirr wie ein Picasso-Gemälde. Auch Kingdom Hearts 3 weiß das und übergibt euch direkt zu Beginn das Erinnerungsarchiv. Es ist das Go-To-Werkzeug, um euer Wissen über die vergangenen „Kingdom Hearts“-Teile aufzufrischen. Teil 3 macht das Story-Teilling leider nicht besser. An jeder Ecke lauern Cutscenes auf auch, eine länger als die andere, und handeln oft und zu lang über die kleinsten und unwichtigsten Dinge. Kingdom Hearts 3 fühlt sich daher oft mehr wie ein Film als ein Videospiel an.
Der Schlüssel zum Sieg
Story allein macht allerdings noch kein Spiel. Was „Kingdom Hearts“ ebenfalls ausmacht ist die geballte Ladung purer Action. Kämpfen fühlt sich auch in Kingdom Hearts 3 einfach super an und sieht dabei fantastisch aus. Drückt X für einen einfachen Angriff, dann mehrmals, um Kombos auszuführen. Damit lassen sich schon die meisten Kämpfe gewinnen, da Kingdom Hearts sehr simpel im Kampfsystem ist. Dafür beschenkt es euch mit allerlei Werkzeugen, sei es Zauber, Items wie Potions oder Beschwörungen wie Simba oder Arielle.
Was ihr noch dazu bekommt? Trefft einen Gegner, um den ein grüner Kreis zirkelt, und erhaltet eine Disney-Attraktion. Wie bitte? Ja richtig, ihr könnt mithilfe eines Karussells oder den wilden Teetassen über die Karte hüpfen und euren Gegner somit richtig einheizen. Noch nicht genug? Ihr könnt bis zu drei Schlüsselschwerter gleichzeitig ausgerüstet haben und sie während des Kampfes auswechseln. Auch können eure Schwerter weitere Formen annehmen, wenn ihr genügend Herzlose besiegt habt. Ihr habt dann kurzzeitig Zugriff auf stärkere Moves und eine Abschlusskombo, die ordentlich Schaden anrichten. Die schiere Augenweide an Spezial-Effekten ist dabei kaum zu überbieten.
Die Fortbewegung fühlt sich im Spiel ebenfalls besser an. Ihr rennt automatisch schneller, wenn ihr einen langen Weg zurücklegen müsst. Hindernis im Weg? Einfach Parcours laufen und über Wände klettern. Säulen, die mitten auf dem Kampffeld stehen, stellen sogar ein Hilfsmittel dar: mit dem Freien Fluss könnt ihr um sie herumwirbeln und von da aus sogar angreifen. Außerdem könnt ihr mit dem Fokus entweder zu einem Hindernis sofort hinschießen oder mehrere Gegner ins Visier nehmen und sie alle mit einem Ladungsangriff treffen. Bei so vielen Optionen ist der Überlick über das eigentliche Kampfgeschehen eher zweitrangig. Generell braucht ihr wenig Strategie, um siegreich aus einem Kampf hervor zu gehen.
Gimmicks. Gimmicks überall.
Aber als wäre das schon alles. Kingdom Hearts 3 überschüttet euch mit allerlei Spielmechaniken, die euch bis zum Umfallen beschäftigen können. Damit ihr zwischen den Welten hin- und herreisen könnt, setzt ihr euch in das vertraute Gumi-Schiff. Schon ganz nach „Starfox“-Art fliegt ihr durch das Weltall, bergt Schätze auf kleinen Planeten und schießt Herzlose ab. Je nach Erfahrungslevel könnt ihr auch noch Mini-Jets installieren oder euer Gefährt aufwerten. Doch damit nicht genug.
Zaubert mit der Ratte Rémy ein paar leckere Gerichte, die besser wirken als so manch andere Heilungs-Items. Oder tanzt mit Rapunzel und den Dorfbewohnern um die Wette. Oder spielt „Puzzle Bobble“ mit Winnie Puh. Oder steuert euer eigenes Schiff in der Karibik und zerstört andere Flotten. Oder schmiedet neue Items und verbessert eure Schlüsselschwerter. Oder fotografiert Mickey-Symbole. Oder, oder, oder! Die schiere Zahl an Ablenkungen will einfach nicht aufhören, und eigentlich ist das auch gut so. Der Haken: nichts davon ist optional. Wenn ihr im Plot vorwärtskommen wollt, sind die meisten Minispiele absolute Pflicht. Ihr wollt Welten erkunden? Pech gehabt, sucht in Mülltonnen erstmal nach Zutaten. Und das mehr als einmal.
Nie genug kann man allerdings von dem wunderbaren Soundtrack bekommen. Das Square Enix Orchester hat sich in seiner Gänze absolut übertroffen und vor allem alte Musikstücke stark überarbeitet. Hübsch anzuschauen ist Kingdom Hearts 3 ebenso. Pixar hat es geschafft, Charaktere wie Elsa und Woody so nah an die Filmgrafik heran zu bekommen und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nur mangelt es in den Disney-Welten selbst an Lebhaftigkeit und sie sehen oft groß und leer aus. Neben ein paar Kisten und zerstörbaren Objekten gibt es nur wenig zu entdecken. Und wenn ihr zwischen Welten wechselt, können lange Ladezeiten euer Spieltempo rausnehmen. Doch bei einer solchen Spielgröße ist das verkraftbar.
Kingdom Hearts 3 – Fazit
Was für ein Trip, wir sind am Ende! Kingdom Hearts 3 ist eine interessante Spielerfahrung, jedoch nicht ohne den ein oder anderen Schönheitsfehler. Schnelllebige und spektakuläre Kämpfe halten euch auf Trab, denn Knöpfehauen fühlt sich in keinem Spiel so gut an wie hier. Die Narrative fällt nur eher schwammig aus mit zu häufigen und zu langen Zwischensequenzen. Einsteiger werden Probleme haben, sich in die Geschichte einzufinden. Fans der Serie erleben hier jedoch ein gelungenes Finale der Storyline. Kingdom Hearts 3 beweist sich als halbwegs soliden Titel, bei dem für jeden etwas dabei ist. Doch hätte er besser in eine frühere Zeit gepasst.
Kingdom Hearts 3 ist seit dem 29.01.2019 für die PS4 erhältlich. Getestet wurde auf einer PS4 Pro.
Quelle(n): ©Square Enix, Disney, Disney/Pixar