Im Jahr 2006 erschien mit Yakuza eine Mischung aus Open-World-Adventure und Story-lastigem Actionspiel, die quasi einen Nachfolger zu Shenmue darstellte. Nur eben mit dem gewissen Etwas an komplett abgedrehtem japanischem Humor und Wahnsinn. Vor kurzem, zehn Jahre Später, erschien mit Yakuza 0 der gleichzeitig sechste und erste Teil der Serie. Sechster und Erster? Wie soll das funktionieren? Ganz einfach, Yakuza 0 ist ein Prequel, welches 17 Jahre vor der Handlung des ersten Teils spielt. Doch kann die eingeschobene Vorgeschichte überzeugen?

Skandale und ein zahmes Hündchen

Wir schreiben das Jahr 1988. Kylie Minogue und Milli Vanilli stürmen die deutschen Charts und die UdSSR beginnt mit der Perestroika. Im fiktiven Tokioter Stadtteil Kamurocho muss sich Jung-Yakuza Kazuma Kiryu unterdessen damit herumschlagen, dass er des Mordes bezichtigt wird.

Ein Auftrag als Geldeintreiber endete nämlich mit einem Toten. Um daraufhin den Ruf seines Ziehvaters – des Yakuza Shintaro Kazama, zu retten – verlässt Kiryu die Yakuza, um auf eigene Faust nachzuforschen. Seine Investigationen führen ihn dabei durch Intrigen und Verschwörungen innerhalb seiner Yakuza-Familie und direkt in einen Moloch von skrupellosen Immobilienhaien. Wird er herauszufinden, warum sowohl die Familien der Stadt, als auch der Rest der Tokioter Unterwelt über Leichen gehen würden, um ein kleines leerstehendes Grundstück in ihren Besitz zu bringen?

Im rund 500 km entfernten Osaka leitet unterdessen der Ex-Yakuza Goro Majima einen erfolgreichen Cabaret- und Hostessen-Klub. Wo jeder Andere überglücklich wäre, ein solches Etablissement erfolgreich zu führen, steigt das Unglück des einäugigen Zopfträgers täglich. Wie gern wäre er doch wieder ein Yakuza und wie gern würde er seiner ehemaligen Familie doch beweisen, dass er es verdient hat, wieder in den Clan aufgenommen zu werden. Am emotionalen Tiefpunkt angekommen bietet sich Majima jedoch die Möglichkeit, die Gunst seiner Bosse wiederzugewinnen. Alles was er dafür tun muss, ist einen Mord begehen. Doch ist der gutmütige Majima dazu in der Lage? Oder ist es dieser Auftrag, der aus ihm den verrückten Hund von Shimano macht, als der er später bekannt werden wird?

Spielhallen, Baseball, Bowling und… Erotikfilmchen?

Wie bereits die Vorgänger bietet auch Yakuza 0 ein wahres Füllhorn an spaßigen Nebentätigkeiten. Sowohl in Kumurocho als auch in Osaka könnt ihr Bowling spielen, im Schlagkäfig Baseballs schlagen oder angeln. Außerdem gibt es einige Spielhallen zu besuchen. Dort könnt ihr nicht nur an Greifautomaten Plüschtiere angeln, sondern auch Sega-Klassiker wie Space Harrier und Outrun an Spielautomaten zocken. Auch eine überraschend kompetente Billard-Simulation lässt sich in Bars spielen. Es ist meiner Meinung nach wirklich herauszustellen, dass sowohl diese als auch das Bowling und der Baseball so gut simuliert sind, dass daraus auch ganze Spiele und nicht nur kleine Minispiele gemacht werden könnten.

Allerdings gibt es auch Nebentätigkeiten, die eher die eingangs erwähnte japanische Seltsamkeit herausstellen. So lassen sich im Spiel immer wieder Karten finden, auf denen hübsche, junge Models abgebildet sind. Das sind wohlgemerkt echte Fotos, keine Abbildungen von animierten Damen. In beiden erkundbaren Städten finden sich sogenannte Ghandara-Geschäfte, in denen sich erotische Videos der gefundenen Damen anschauen lassen. Diese zeigen die Schönheiten sich in Bikinis auf Sesseln und Sofas räkelnd. Nicht nur fühlt sich das Anschauen der Realaufnahmen auf einem digital animierten Fernseher aber leicht fehl am Platz an. Es ist meiner Meinung nach auch etwas viel, dass das Ende eines solchen Videos mit einem Seufzer des Protagonisten und einem Zoom auf eine Taschentuchpackung quittiert wird.

So eigenartig das Ganze auch sein mag, so zeigt es doch recht gut die zwei Seiten der japanischen Unterwelt und des dortigen Nachtlebens.

Plüschtiersüchtige Kinder und schlüpf(er)ige Schülerinnen

Auch Yakuza 0 bietet neben der Hauptgeschichte eine Vielzahl an sogenannten Sidestories, von denen jeder der beiden Protagonisten circa 50 Stück erledigen kann. Diese erzählen interessante Geschichten aus dem Leben einiger normaler Einwohner von Kamurocho und Osaka.

So freundet sich beispielsweise Majima mit einem kleinen Mädchen an, dessen Mutter Schulden bei der Yakuza hat und ihr deshalb keine Plüschtiere aus Greifautomaten kaufen kann. So ist es an ihm, dem Mädchen die gewünschten plüschigen Freunde zu besorgen und so ihrer Mutter aus der Klemme zu helfen.
Kiryu wiederum bekommt es unter anderem mit sogenannten Burusera-Ring zu tun, in dem Schülerinnen dazu gezwungen werden, ihre getragene Unterwäsche an willige Kunden zu verkaufen – japanische Seltsamkeit, ick hör dir trapsen.

Sprachfassung, Grafik und Kampfsystem

Wie schon seine Vorgänger ist auch Yakuza 0 nur in japanischer Sprache mit englischen Bildschirmtexten erhältlich. Das tut dem Verständnis jedoch dank Untertiteln keinen Abbruch und trägt meiner Meinung nach nur zur Atmosphäre bei. Es sorgt für zusätzliche Immersion, sodass man vollends in Story und Gameplay versinkt.

Grafisch war die Yakuza-Reihe noch nie unter Spitzenreitern, doch macht der aktuelle Ableger auch in dieser Kategorie einen guten Job. Die Texturen sind qualitativ hochwertig und die Animationen flüssig und sauber.

Im Technischen gab es zwar keine großartigen Neuerungen, dafür aber im Kampfsystem. Hatten die Akteure bisher nur einen festgelegten Kampfstil, so gibt es jetzt gleich mehrere zur Auswahl. Kiryu zum Beispiel kann zwischen seinem normalen taktischen Kampfstil, einem sehr schnellen Stil und dem sogenannten Beast-Stil – in dem er wild mit umherstehenden Gegenständen auf Feinde einschlägt – wählen.

Yakuza 0 – Fazit

Auch im sechsten Teil zeigt die verrückte Gangstergeschichte keine Ermüdungserscheinungen.

Die Story ist interessant erzählt und die gut geschriebenen Charaktere ziehen schnell in ihren Bann. Mir ist dadurch beim Charakterwechsel zwischen den Kapiteln durchaus schon mal ein „Aber ich will doch wissen wie es hier weiter geht!“ entfleucht. Das Gameplay ist motivierend und die zahlreichen Minispiele und Nebenmissionen sorgen zumindest bei mir dafür, dass ich am Ball bleibe.
Alles in allem lässt sich also sagen, dass Yakuza 0 nicht nur für Fans der Serie einen Blick wert ist.

Bildquelle(n): Koch Media