Pokémon Colosseum und Pokémon Colosseum XD auf dem Gamecube legten einen soliden Grundstein und doch sollte es über 23 Jahre dauern, bis die inzwischen achte Spielegeneration nicht mehr auf einem Handheld, sondern einer Heimkonsole erscheint. Zwar könnt ihr die Nintendo Switch unterwegs immer noch nutzen, wir wollen aber trotzdem einen Blick drauf werfen, wie sich das erste reine 3D Abenteuer der altbewährten Reihe schlägt.

Willkommen in Großbrit… äh der Galar Region!

Nachdem bereits zahlreiche japanische Provinzen, Frankreich und zuletzt Hawaii Vorlage der Pokémon-Regionen waren, verschlägt es uns dieses mal in die von Großbritannien inspirierte Galar-Region. Nun, da wir nach zahlreichen Trailern endlich in den Genuss des Spiels kamen, steht auch fest: "Optisch ist das Spiel einfach nur wunderschön." Der einzigartige Mix aus urbanem Raum, Londoner Altbau und Grünflächen fängt den Geist Großbritanniens fast schon erschreckend genau ein. Viele Ortschaften werdet ihr, falls ihr schon mal in UK gewesen seid, sofort im Spiel wiederkennen. Gleichzeitig wirken aber Gebiete wie Spikeford eigen, verrückt und bunt.

Auch die neuen Charaktere enttäuschen nicht. Es wird viel aktueller Zeitgeist eingefangen (Stichwort "Selfies") und auf diverse, mal mehr, mal weniger klischeehafte, Figuren übertragen. Wie Stereotypen wirken diese aber nie, hat doch jeder in der rund 15-20 Stunden langen Hauptgeschichte seinen eigenen großen Moment. Der eigene Charakter kann, wie seit einigen Teilen üblich, weiblich oder männlich und mit verschiedenen Hautfarben dargestellt werden. Anfangs zwar nur mit einer vordefinierten Kleidung und Frisur, beides kann aber im Spielverlauf ebenfalls variiert werden. Befreundet ist unser Protagonist mit seinem Rivalen Hop und der jungen, aufstrebenden Professorin Sania, welche mehr oder weniger unfreiwillig in die Fußstapfen ihrer Großmutter Magnolica tritt und die Legende der Galar-Region erforscht.

Erster Wermutstropfen: Eine Verschwörung a la Team Rocket, Team Aqua, Team Magma usw. gibt es dieses Mal nicht und bis auf 1-2 düsterer Twists die sich gegen Ende des Spielverlaufs entwickeln, bleiben Schwert und Schild sehr unschuldig, linear und leider auch vorhersehbar. Wer also kein Interesse an PVP und dem Feintuning seiner Pokémon besitzt, könnte mit dem reinen Story-Content enttäuscht sein.

Weniger ist mehr?

Trotz zahlreicher neuer Features, wie zum Beispiel dem Dynamax-Phänomen mit der ein Pokémon für drei Runden nicht nur deutlich größer wird, sondern auch mehr KP besitzt und mehr Schaden austeilt, wirken Schwert und Schild verglichen mit früheren Editionen deutlich kleiner. Wer sich nicht mit der Natur Zone und dem vervollständigen des Pokédex beschäftigt, erreicht teilweise im Minutentakt den nächsten Arena-Leiter und auch die insgesamt gerade einmal 10 Routen und die sehr kleinen Städte machen einen sehr abgespeckten Eindruck. Haben Game Freak sich mit dem ersten richtigen 3D Abenteuer übernommen? Sind Schwert und Schild nur die Prototypen eines „Heimkonsolen“ Pokémon oder ist das nun die neue Richtung, die das Franchise eingeschlagen hat? Das können wir noch nicht beantworten, fest steht aber, dass ihr ein Pokémon noch nie so schnell durchspielen und erkunden konntet, wie es hier der Fall ist.

Neu ist außerdem, dass Dynamax Pokémon auch in der Wildnis, vor allem der Natur Zone, welche Ähnlichkeiten zur früheren Safari Zone aufweist, auftauchen können. Diese könnt ihr dann alleine, aber auch mit bis zu drei weiteren Spielern in Raids bekämpfen und einfangen. Apropo Natur Zone: Hier könnt ihr nun auch campen und Curry kochen, dies verstärkt das Band zu euren Pokémon und sorgt dafür, dass diese zwischendurch geheilt werden und weitere Erfahrung sammeln.

Insgesamt 81 neue Pokémon finden sich in Schwert und Schild wieder, darunter auch die bereits aus Sonne und Mond bekannten Re-Designs, welche 14 altbekannte Pokémon in einer neuen Galar-Form zeigen. Dies ist nicht nur ein optisches Update, sondern gibt den Pokémon auch neue Typen und neue Attacken, wie zum Beispiel ein Mauzi, welches nun Typ Stahl ist.

Pokémon Schwert und Schild - Mein Fazit

Ich kann nicht verleugnen, dass ich unglaublichen Spaß mit Pokémon Schwert und Schild hatte. Das Gameplay fühlt sich toll und deutlich schneller als früher an. Die visuelle Umsetzung ist einfach nur märchenhaft schön und der Soundtrack ist jetzt schon einer der besten der Reihe. Jedoch bin ich auch in unter 16 Stunden mit der Geschichte des Spieles durch gewesen, was zu einer gewissen Ernüchterung führte. Auch die Tatsache, dass der Pokédex unvollständig ist und auch durch den neuen Cloud Service Pokémon Home nicht vervollständigt werden kann, sorgt in der internationalen Fan-Base für Ungewissheit.

Wie Nintendo und Game Freak hier weiter vorgehen werden, bleibt abzuwarten. Hoffentlich artet dies nicht in Events, Pokémon Go Crossovers, Geheimgeschenken und Game-Stop Aktionen aus, da dann nicht jeder in der Lage sein wird, an alle Pokémon zu kommen. Dennoch gibt es auch nachdem der Abspann zum ersten Mal über den Bildschirm geflimmert ist noch eine Menge zu tun, für sogenannte „Completionists“ sowieso. Wer weiß was ihn bei Pokémon erwartet, wird die 60€ nicht bereuen, zu viele Vergleiche mit den früheren Editionen, vor allem bzgl. des Umfangs, sollten fairerweise jedoch nicht gestellt werden. Die ersten Schritte, die das Franchise nun mit der achten Generation auf der Heimkonsole und in 3D gemacht hat, sind trotz kleiner Kinderkrankheiten, alles andere als misslungen.

Bildrechte: © 2019 - Nintendo