Sea of Solitude - Alleine auf dem Meer
EA Originals sollte nach Spielen wie A Way Out und Fe eigentlich jedem bekannt sein. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein weiterer Indie-Titel darüber erscheint und wieder beweisen will, wie viel Herz noch in Videospielen steckt, die nicht aus großen Triple-A Produktionen stammen. Diesmal wollen uns Jo-Mei Games aus Berlin auf eine Reise schicken. Wir haben für euch getestet, ob sich das Einsteigen in dieses Boot namens Sea of Solitude lohnt.
Nach der Ruhe kommt der Sturm
Unsere Protagonistin Kay wird einsam in einem Boot wach. Doch es ist nicht mehr alles wie vorher. Denn sie ist nun eine Art Monster mit roten Augen und um sie herum nichts als die See und in der Ferne ein gleißendes Licht. Ohne Erinnerungen, wie sie hierher kam oder an einfache Sachen wie ihren Namen, macht sie sich auf den Weg zum besagten Licht. Dort angekommen trifft sich auf ein leuchtendes Mädchen, das Hoffnung in ihr weckt, nicht allein zu sein. Dieses Mädchen verschwindet leider so schnell wie es aufgetaucht ist und die Dunkelheit bricht über Kay ein. Wolken ziehen sich zu, das Wasser wird trüb und ein unheilvolles, riesiges Wassermonster setzt alles daran, die Heldin ins Wasser zu locken. Doch sie gibt nicht auf und versucht einen Ausweg aus der brenzligen Lage zu finden. Nicht nur, um wieder ein Mensch zu werden, sondern auch, um alles wieder gut zu machen.
Die Geschichte wird hauptsächlich durch Erinnerungen erzählt, die durch die Monster, auf die Kay trifft, aufgefrischt werden. Alle Monster wecken in Kay das Gefühl, dass sie sie irgendwoher kennt. Und das nicht ohne Grund, denn die Monster repräsentieren Personen aus Kays Leben und wecken Erinnerungen in ihr, mit denen sie ihr schwere Vorwürfe machen. Es geht um Einsamkeit, Trauer, Wut und Gewalt, alles Dinge, die Kay in ihrem Leben erlebte und verdrängte. So erfahrt ihr Stück für Stück, auf eine verschleierte Art, was eigentlich wirklich passiert ist und warum Kay wohl in dieser Welt, voll mit Vorwürfen, gefangen ist.
Komm in mein Boot!
Das Gameplay von Sea of Solitude ist relativ simpel gehalten. Es fühlt sich zum Großteil wie ein Walking Simulator an, welcher Plattformer-Elemente hat. Ihr seht Kay aus einer Third-Person-Sicht und könnt euch frei bewegen, springen und klettern. Dabei fahrt ihr mit eurem Boot bestimmte Stationen an. Die Richtung wird euch durch das Abfeuern eines Leuchtsignals geleitet. An den verschiedenen Stellen, an die ihr gelangt, müsst ihr mit Hilfe eures Rucksacks die bösen Gedanken und Erinnerungen vertreiben und damit Objekte oder Helfer befreien. Außerdem gibt es Abschnitte, in denen ihr auf Gegner trefft, welche euch verfolgen und nur durch das Abfeuern der Leuchtpistole erledigt werden können.
Der positive Unterschied zu herkömmlichen Spielen dieser Art ist es, dass doch einiges an Abwechslung ins Spiel eingebracht wurde. So verlaufen zwar Kapitel relativ linear ab, bieten aber doch in der Spielweise und wie sie zu lösen sind unterschiedliche Möglichkeiten. Auch das Erkunden der Gegend ergibt Sinn, da ihr an etlichen Stellen Flaschenposten findet, die von einer mysteriösen Person verfasst wurden, welche sich mit euch über die Welt unterhält. Hier bekommt die Geschichte noch einmal extra Spannung.
Comic-Look zum Verlieben
Sea of Solitude sammelt mit seiner hübschen Grafik reichlich Bonuspunkte. Die Animationen sind in einem comichaften Stil gehalten, welcher trotz seiner Einfachheit unfassbar schöne Momentaufnahmen herbei wirkt. Ich konnte mich selbst dabei erwischen, ständig in Situationen Screenshots zu schießen, weil alles so schön aussah - etwa wenn von einem zum anderen Moment ein Sturm aufkommt und Kay von der Finsternis verschluckt wird oder helles Sonnenlicht erstrahlt, nachdem ein Abschnitt bewältigt wurde. Die Szenerien schreien einfach danach, zum Entspannen genutzt zu werden.
Auch der Soundtrack trägt dazu einen großen Teil bei. Er ist entspannend und hält schöne Titel für euch bereit, aber auch spannende Abschnitte sind passend unterlegt. Für ein deutsches Studio mag es zwar merkwürdig sein, dass das Spiel keine deutsche Synchronisation bietet, das stört aber nicht wirklich. Bei der Synchronisation wurde saubere Arbeit geleistet und wenn die Monster mit Kay reden oder sie anbrüllen, kann schon der eien oder andere Gänsehautmoment entstehen.
Sea of Solitude – Fazit
Wieder einmal hat es EA Originals geschafft, ein großartiges Indie-Spiel zu publizieren. Bei Sea of Solitude kommen sowohl Glücksgefühle durch die schönen Szenerien als auch bedrückte Stimmungen durch die düsteren Parts auf und alles wird mit einer fesselnden Geschichte kombiniert. Für einen Preis von 20 Euro ist der Titel eine absolute Kaufempfehlung an jede Person, die auf ruhigere Spiele mit tiefgründiger Story und Emotionen stehen. Wer lieber knallharte Action will, sollte allerdings um Sea of Solitude einen Bogen machen.
Sea of Solitude ist am 5. Juli 2019 für Xbox One, PlayStation 4 und PC erschienen. Getestet wurde es auf der PlayStation 4 Pro.
Bildmaterial: ©Jo-Mei Games